Unser Verständnis von Armut bestimmt die Art und Weise, wie wir anderen Menschen helfen. Macht man eine Umfrage zum Thema „Was ist Armut?“, würden die meisten Antworten einen Mangel an Dingen beschreiben: kein Essen, keine Bleibe, kein Geld. Bin ich dieser Überzeugung, dann besteht Hilfe darin, Dinge zu geben, um diesen Mangel auszugleichen. Leider hat sich gezeigt, dass diese Art der Hilfe meist keine positive Veränderung bewirkt. Hilfsempfänger werden passiv, abhängig von den Gebern und letztendlich entmündigt. Das Wort Hilfe wird deshalb heute nicht mehr gerne benutzt. In der Fachwelt spricht man nicht mehr von Entwicklungshilfe, sondern von internationaler Entwicklungszusammenarbeit.
Global Team erwartet immer eine Eigenbeteiligung der Menschen, die finanzielle Unterstützung erhalten. Beim Bau eines Wasserkraftwerkes in Afghanistan übernimmt die Dorfgemeinschaft 15 Prozent der Kosten selbst und bringt zusätzlich ihre Arbeitskraft und vor Ort vorhandene Materialien, wie z. B. Holzmasten, beim Bau mit ein. Die positive Folge ist, dass alle gebauten Anlagen bis heute funktionieren und gewartet werden – die eigene Investition hat das Wasserkraftwerk für die Dorfbewohner wertvoll gemacht.
Wie versucht Global Team sinnvoll zu helfen? Der erste Schritt ist oft, Dorfgemeinschaften zu ermutigen, gemeinsam Initiative zu ergreifen. Wir erwarten, dass ein Komitee in den Dörfern die Vorarbeiten für das Wasserkraftprojekt leistet, das Geld vor Ort einsammelt und dann den Projektantrag in unserem Büro stellt. Unsere Mitarbeiter geben technische Informationen und vermitteln die Fertigkeiten zum Bau der Anlagen. Gleichzeitig lernen Werkstätten in Faizabad, die Kraftwerksbauteile zu fertigen. Durch die Verfügbarkeit von Strom eröffnen sich neue Möglichkeiten für Haushalte, Handwerk und Gewerbe. Licht in den Abendstunden bedeutet zusätzlich nutzbare Zeit. Zudem erhöht sich die Sicherheitslage in den Dörfern durch die Beleuchtung in der Nacht. Dadurch kommt es auch zu mehr sozialen Kontakten am Abend. Radio und Fernsehen bieten Zugang zu Bildung und Kultur sowie die Teilnahme am politischen Leben. Das alles fördert die positive Entwicklung in den Dörfern.
• Andreas Jenny